Die wahre Geschichte vom Steinbergrelais von DJ4JI

50 Jahre Steinberg- Relais- Die Geschichte
Von Klaus Helmbrecht DJ4JI

Die Vorgeschichte

In der ersten Hälfte der 60er Jahre drehte man über das 2-Meterband und hörte fast immer ein durchgehendes Rauschen. Das lag nicht daran, daß man glaubte, der Empfänger sei kaputt, sondern daran, daß nur wenige Funkamateure auf UKW QRV waren.

Es gab nur wenige Fertiggeräte, die qualitativ sehr hochwertig und dementsprechend auch preislich oben angesiedelt waren z. B. Götting & Griem, Lausen/SEMCOSET oder MTR25 von Richter & Co. Die meisten OMs, die trotzdem auf UKW Betrieb machten, hatte einen Konverter, z.B. NOGOTON, der das Empfangs-Signal von 144 auf 28 MHz umsetzte. Der Sender war fast immer selbstgebaut und quarzgesteuert, da es eine technisch große Herausforderung war, einen VFO frequenzstabil zu bauen.
So hatte quasi jeder UKW-Funkamateur seine eigene Haus- QRG. Als Betriebsart war fast nur Amplitudenmodulation zu hören.

Ältere OMs, die damals auf UKW funkten, erinnern sich sicher noch an den typischen Satz nach einem CQ-Ruf auf der eigenen Quarz-QRG: „Ich höre jetzt von 144 bis 145 MHz“, dann kam der nächste CQ-Ruf und endete mit dem Satz: Ich höre jetzt von 145 bis 146 MHz“.

In der Zeit wurde viel diskutiert, ob AM, SSB oder FM die beste Betriebsart für UKW sei.
Doch dann kam alles anders, als das man sich jemals hätte träumen lassen!

Ein Erlass des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen verlangte bis zum 1. Januar 1970 die Umstellung alle NöbL-Geräte von 50 auf das 20-KHz-Raster. NöbL ist die Abkürzung für „nicht öffentlich beweglicher Landfunk“. Dazu zählten Taxen-und Betriebsfunkanlagen, die meist im Bereich um 147 / 150 MHz arbeiteten. Da nur ganz wenige Geräte die technischen Voraussetzungen hatten, auf das 20-KhZ-Raster umzustellen, wurden schlagartig über 100.000 Funkanlagen nicht mehr für den kommerziellen Dienst zugelassen.

Eine Sternstunde im Amateurfunk!

Ohne große Schwierigkeiten ließen sich diese FM-Funkgeräte mit Amateurfunkmitteln für den 2-Meter-Betrieb umbauen. Das beliebteste Gerät war das BOSCH KFT160. In der Größe einer gut gefüllten Aktentasche fand dieses „Röhrengrab“ seinen Platz im Kofferraum vieler OM. Das abgesetzte Bedienteil hatte die Größe eines Autoradios und besetzte meist den Platz des Aschenbechers im Auto-Cockpit. Und so machten viele OM mit diesem 10-Watt-FM-Gerät ihre ersten QSOs und entdeckten Ihre Liebe für den Amateurfunk auf UKW.

Laut Empfehlung der IARU-Region-1 Konferenz in Brüssel wurde 145.000 MHz die internationale Anruffrequenz für Mobil- und Portabel-Stationen. Als 2. Arbeitsfrequenz wurde 145.150 MHZ empfohlen. Da die meisten nöbL – Geräte über 2 Quarzkanäle verfügten, war hier ein Problem gelöst worden.

Jetzt belebte sich das 2-Meter-Band explosionsartig! Doch wie immer bei solchen Entwicklungen, gab es auch hier in der heilen Amateurfunkwelt Bedenkenträger. Da waren die „Frequenzmodulation“ und ein „Kanalraster“ das diese störte. Üblich war eine horizontale Polarisation auf UKW. Jetzt brachte die vertikale, bedingt durch die Fahrzeugantennen alles durcheinander.

Sogar der damalige DARC-UKW-Referent prognostizierte, daß dieser Spuk bald ein Ende haben würde. Der neue UKW-Referent ab 1972 sah das dann realistischer….

Da die Reichweite auf UKW bekanntlich beschränkt ist, spielte sich der UKW- Amateurfunkverkehr entsprechend im Umkreis von 10 bis 15 Km ab.

Bei einer Urlaubsreise im Juni 1970 in den Nürnberger Raum hatte ich ein QSO mit DC6IU, dem Benno aus Erlingshofen bei Greding. Wir trafen uns anschließend visuell und Benno führte mir sein KFT160 vor. Er hatte auf dem 2. Kanal seines KFTs den Nürnberger Umsetzer – so nannte man damals eine Relaisstation. Ich war begeistert von den Möglichkeiten der Reichweite des auf dem Moritzberg installierten Umsetzers. Benno erzählte mir von der Technik und als ich wieder in die heimatlichen Harzer Gefilde zurückgekehrt war, habe ich mich mit Struppi, DJ3JW und Manfred, DJ4JC getroffen.

Solch einen Umsetzer brauchten wir im Harz! Als Standort hatten wir den Bocksberg bei Hahnenklee vorgesehen, da wir so eine Verbindung über den Harz hätten. Den Wirt der dortigen Gaststätte kannte ich gut und nach dem Motto „eine Hand wäscht die Andere“ war die Unterbringung der Anlage einschließlich der Antennen gesichert. DJ3JW und DJ4JC sollten je ein KFT160 als Umsetzer umbauen. Als Arbeitsfrequenz übernahmen wir die des Nürnberger Umsetzers: Eingabe 144,150, Ausgabe 145,850 MHz also ein Abstand von 1,7 MHz. Die Durchschaltung erfolgte NF-gesteuert, also noch nicht mit Tonruf, das gab es damals noch nicht. Nachdem Struppi, DJ3JW, nur langsam in die Gänge kam, hatte Manfred, DJ4JC nach nur 2 Monaten Bauzeit eine betriebsbereite Anlage in Braunschweig fertig. Da der Bocksberg nur mit einer Sondergenehmigung mit dem PKW zu erreichen ist, entschlossen wir uns zum Probebetrieb auf dem Steinberg bei Goslar, da in der ersten Zeit Wartungsarbeiten auf uns zukämen und der Standort jederzeit schnell zu erreichen sein mußte.

Dort stand das Steinberg- Hotel und ein Aussichtsturm, der hatte eine Höhe von 490 Meter Höhe über NN. Neben dem Turm befand sich ein kleiner, ehemaliger Kiosk, der als Abstellraum für alte Gartenmöbel diente. Ich kannte den Wirt und habe ihm erklärt, daß wir da gerne einen Probebetrieb installieren wollten, um später alles dann auf dem Bocksberg installieren zu können. Er gab uns die Genehmigung und wir waren happy….

Bild1

Die Stromversorgung erfolgte über ein 50 Meter langes, durch die Bäume verlegtes Kabel zum Kiosk. Als Antennen dienten zwei selbstgebaute HB9CV, die im Abstand von ca. 2 Meter mit Besenstielen am Dachfirst des Kiosk montiert wurden. Später kamen diese HB9CV-Antennen an den Fahnenmast oben auf den Aussichtsturm. Zwischen den im Kiosk gelagerten Gartenstühlen und Tischen schufen wir uns Platz für einen Tisch, auf dem dann das umgebaute KFT160 und das Netzteil positionierten. Die damaligen Lizenzbestimmungen ließen keine automatischen, personenlosen Amateurfunkstationen zu. Ausnahmen waren lediglich einige ganz wenige Baken.

Nach Rücksprache mit DL6NB von der damaligen OPD Braunschweig, verwendeten wir das Auswärts-Call DJ4JIA. Nun konnte es losgehen.   Das 1. QSO lief am Sonnabendnachmittag, dem 10. Oktober 1970 DL1AM mobil und mir, DJ4JI mobil. Wir waren damit nach dem Moritzberg DLØNFA, Betriebsaufnahme am 5. Juli 1969 und dem Zugspitzrelais DLØZU, Betriebsaufnahme Juli 1970 das 3. Relais in DL und auch in Europa. In den nächsten Tagen wuchs sprunghaft die Zahl der Teilnehmer und in den folgenden Wochen kamen weitere Umsetzer/Relais dazu. In unserer Nähe kam das Relais Elm und der Deister und Wieter bei Northeim hinzu.

Daß diese Entwicklung derartig den Amateurfunk auf UKW verändern könnte, konnte damals keiner ahnen. Der inzwischen leider verstorbene Manfred, DJ4JC, fuhr in der Folgezeit mehrmals wöchentlich mit hochwertigen Messinstrumenten, die er sich aus seinem QRL ausgeliehen hatte, bei Wind, Regen und Schnee die 50 Kilometer von Braunschweig auf den Steinberg um die Anlage technisch weiter zu entwickeln. Wir erhielten aus ganz DL Anfragen und so entschlossen wir uns, am 4. April 1970 das legendäre Steinberg-Treffen durchzuführen. Neben dem damaligen DARC-UKW-Referenten und DK6NF aus Nürnberg, waren aus dem norddeutschen Raum zahlreiche angehende Relaisverantwortliche und technisch interessierte OM erschienen. Die Folge dieser Tagung war die Geburtsstunde der „STEINBERG-BRIEFE“,
die jahrelang spezielle Themen der Relais veröffentlichte und sogar Leser in anderen europäischen Ländern hatte.

Zurück in die Gegenwart: In der CQDL 9-2019 berichtete Uli (DG3HF) über das 10 jährige Jubiläum der RIG (Relais Interessen Gemeinschaft) Steinberg. Kurzes Resümee: 2017 begann die Phase der Total Erneuerung der technischen Einrichtungen. Das Gebäude auf dem Steinberg wurde von Markus (DOGSM -1. Vors. der RIG Steinberg) und Ulf (DH1AAI – Relaisverantwortlicher) in mühsamer und aufwendiger Arbeit grundsaniert und die neuen Gerätschaften (CQDL 9-2019 -Seite 46) wurden installiert. Was man so in einem Satz mal eben hin schreibt, hat viel Schweiß und Einsatzbereitschaft gekostet. Nun ist das Steinbergrelais für die Zukunft gerüstet und gut aufgestellt und es bleibt zu hoffen, daß es auch in der Zukunft so aktive DARC Mitglieder gibt, die alles „in Schuß“ halten. Dann brauchen wir uns um das Relais für die nächsten 50 Jahre keine Sorgen zu machen.

Das große angedachte Relaisfest zum 50. Jubiläum im Oktober 2020 muß wegen der aktuellen Lage ausfallen. Es ist aber nicht aufgehoben, sondern aufgeschoben. Versprochen!

..und um mit Friedrich Ebenstein zu sagen:
„ …und nun kennen Sie die wahre Geschichte! „

73! Klaus DJ4JI